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Königswinter, 14.02.2019

Was ist meine Immobilie wert? Diese Frage dürfte eine der meist gestellten im Internet sein. Man erhält direkt unzählige Angebote für kostenfreie Immobilienbewertungen. Mit nur wenigen Mausklicks sind die Angaben gemacht, die angeblich ausreichen, um den Wert einer Immobilie zu bestimmen. Aber wie gut sind die Ergebnisse solcher Online-Bewertungen und vor allem wie belastbar?

Was ist überhaupt der „Wert (m)einer Immobilie“?

Wenn man vom Wert einer Immobilie spricht, meint man meistens den Marktwert bzw. den Verkehrswert, was übrigens das gleiche bedeutet. Dieser ist im § 194 des Baugesetzbuches wie folgt definiert: „Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“

Die Frage muss also korrekt lauten: „Was ist der wahrscheinlichste Kaufpreis, der sich bei normaler Marktsituation erzielen lässt?“

Marktwertermittlung bedeutet also nichts anderes, als die Prognose des Verkaufsergebnisses, auch wenn dieser gar nicht geplant wird.

In Deutschland ist es gesetzlich normiert, dass jeder einzelne Verkaufsfall ausgewertet wird. Ergebnis dieser Auswertung sind sogenannte Marktdaten mit deren Hilfe Bewertungssachverständige Marktwerte bestimmen können. Hierzu wenden Gutachter die, ebenfalls gesetzlich normierten, Sachwert-, Ertragswert-, bzw. Vergleichswertverfahren an. Dieser, relativ große Aufwand wird betrieben, um die Marktwertermittlung objektiv nachvollziehbar zu gestallten und somit belastbar zu machen, z.B. vor Gericht oder eine anderen Streitpartei in Scheidungs- oder Erbfällen. Diese Methode ist vor allem immer dann angezeigt, wenn mehrere Parteien bzw. Personen beteiligt sind, die naturgemäß unterschiedliche Interessen haben.

Ein potenzieller Verkäufer einer Immobilie will in der Regel sehr viel schneller und einfacher die Prognose über den wahrscheinlichen Kaufpreis treffen. Meist möchte man dies auch diskret erledigen ohne Beteiligung von Dritten und ohne große Kosten. Daher sind die eingangs beschriebenen Möglichkeiten der kostenfreien Online-Bewertung natürlich sehr reizvoll für viele potenzielle Verkäufer. Oft wird auch bei Scheidungsfällen oder Erbfällen die Bestimmung des Marktwertes benötigt.

Wie gut bzw. wie genau sind die kostenlosen Onlinebewertungen im Vergleich zu der individuellen Marktwertermittlung eines Sachverständigen- dem Marktwertgutachten?

Um diese Frage wiederum beantworten zu können, muss man sich vor Augen führen, was bei der Online-Bewertung passiert. Hierzu hat der Autor eine eigene Immobilie, die er selbst vor kurzem verkauft hat, also den Marktwert zu 100% belegen kann, bewerten lassen. Die spezifischen Daten der Immobilie wurden bei den ersten 5 Anbietern von Onlinebewertungen eingegeben, die Google auf die Eingangsfrage „Was ist meine Immobilie wert?“ hin geliefert hat. Die spezifischen Daten der Immobilie wurden dann in diesem Selbstversuch bei diesen Anbietern von kostenfreien Online-Bewertungen eingegeben.

Das Fazit war ganz deutlich. Die Prognosen lagen immer mehr als 10 % vom tatsächlichen Kaufpreis entfernt. Die größte Abweichung betrug fast 100 %. Woher kam diese große Abweichung? Bei der Online-Bewertung werden ca. 10-15 Daten abgefragt bei einer Sachverständigenwertermittlung dürften dies mindestens 100 Daten sein. Bei der Online-Bewertung liegen meist nur Angebotspreise zu Grunde keine echten Kaufpreise. Da aktuell in sehr vielen Regionen Deutschlands sogenannte „Verkäufermärkte“ bestehen, also die Verkäufer die Preise bestimmen, kann angenommen werden, dass viele Verkäufer eher optimistische Angebotspreise aufrufen, die vermutlich oft am Markt so gar nicht realisiert werden können. Dies führt zu einem künstlich hohen Angebotspreisniveau, welches aber gar nicht (zwingend) den realen Verkaufspreisen entsprechen muss.

Im Ergebnis kann die Onlinebewertung nur dann brauchbare Werte liefern, wenn die Immobilie wenig spezifische Besonderheiten aufweist. Zudem muss das Niveau der Angebotspreise in etwa dem Niveau der tatsächlichen Verkaufspreise nahe kommen. Eine gewisse Abweichung wird es jedoch in nahezu jedem Teilmarkt geben, da die Verkäufer meistens Puffer beim Angebotspreis einplanen, die somit auch die Ergebnisse dieser Online-Bewertungen beeinflussen.

Die individuelle Bestimmung des Marktwertes durch einen Sachverständigen kann jedoch auch vom erzielbaren Preis abweichen, besonders bei eigen genutzten Wohnimmobilien. Das hängt damit zusammen, dass der Sachverständige in gesetzlich normierten Wertermittlungsverfahren denkt, der Käufer oder die Käuferin eines Einfamilienhauses jedoch ganz anders „tickt“ und die persönliche Kaufpreisbereitschaft von ganz anderen, oft auch sehr subjektiven Faktoren abhängig machen wird. In der Praxis als Makler erlebt man sehr oft, dass Eigennutzer einen vermeintlich zu hohen Preis bereits sind zu zahlen, weil sie es können und wollen, nicht weil ihr Verstand und ihre Vernunft den Ausschlag geben. Diese Verkaufsfälle, man nennt sie „statistische Ausreißer“, dürfen dann oft auch gar nicht berücksichtigt werden, bei der Auswertung für Marktdaten im Grundstücksmarktbericht. Genau das führt dann auch dazu, dass in den extrem beliebten Lagen, die Kaufpreise durch den Sachverständigen nicht in der Höhe prognostiziert werden können, wie sie dann oft am Markt durch einen einzelnen Käufer gezahlt werden.

Der Käufer orientiert sich nämlich an Vergleichsangeboten bzw. Erfahrungswerten oft auch an den Berichten von Bekannten, Freunden, Kollegen. Dabei wird im Regelfall sehr oft nur der Bauch befragt, bzw. die „dicke-Daumen-Methode“ angewendet, eine detaillierte Vergleichsanalyse macht dabei eigentlich kaum jemand. Das bedeutet, dass die Preiseinschätzung bzw. Preisfindung des Käufers ebenfalls sehr ungenau ist.

Im Ergebnis ist die Prognose des wahrscheinlichsten Kaufpreises bei einer selbst zu nutzenden Wohnimmobilie gar nicht so leicht. Der sicherste Weg ist es, den möglichen Verkaufspreis „am Markt“ auszutesten, indem man die Immobilie anbietet und die Nachfrage bewertet.

Dieser Weg kommt aber oft nicht in Frage, z.B. bei den meisten Scheidungsfällen. In diesen Fällen empfiehlt der Autor möglichst viele Preisanalysen zu fahren.

Nicht nur einer Quelle vertrauen

Wenn man z.B. neben der Onlinebewertungen noch die Wertermittlung eines Sachverständigen heranzieht, Angebotspreise analysiert, beim örtlichen Gutachterausschuss nach Vergleichskaufpreisen fragt und aus diesen Ergebnissen den Mittelwert ableitet, sollte man der Frage „was ist meine Immobilie wert?“ doch sehr nahe kommen.

Eine Online-Bewertung, die auf über 5. Mio. Angebotspreisen bzw. über 550.000 Kaufpreisen basiert findet man z.B. auf: https://www.hausverkauf-coach.de/immobilie-bewerten/

Till Herrmann, zertifizierter Sachverständiger Sprengnetter Zert (S)
ImmoBarrierefrei-Experte, Hausverkauf-Coach.de